Die Sonntagsbegegnung zwischen dem FC Ingolstadt 04 und RB Leipzig (2:1) sollte für die Oberbayern eine ganz besondere sein: Mit dem 17. Saisonsieg (12 Unentschieden – 4 Niederlagen) stockte Ingolstadt sein Punktekonto auf 63 auf und sicherte sich mit nunmehr sieben Zählern Vorsprung am 33. Spieltag der 2. Bundesliga den ersten Tabellenplatz.
Der erstmalige Aufstieg in die deutsche Beletage wurde umgehend nach Spielabpfiff mit einer Platzerstürmung durch die Spieler, Trainer, Betreuer und Fans zelebriert. Als "pure Explosion der Gefühle" beschrieb Innenverteidiger Marvin Matip (29, Bruder des Schalkers Joel) laut "kicker" das Szenario und hatte im Namen aller Feiernden noch einen Vorgriff auf das kommende Jahr im Oberhaus parat: "Das wird einfach geil."
Seit dem achten Spieltag hielten die "Schanzer" ihre Position an der Tabellenspitze und avancieren somit zum 54. Mitglied in der Geschichte der 1. Bundesliga. Doch wer oder was kennzeichnet den relativ unbekannten Bundesliga-Neuling eigentlich?
Die Meilensteine
Der FC Ingolstadt 04 hat seinen Werdegang größtenteils Peter Jackwerth (57) zu verdanken. Nachdem der Unternehmer und jetzige Klubpräsident zunächst dem Vorgängerklub ESV Ingolstadt vor zwölf Jahren mit einem 25.000-Euro-Zuschuss den Spielbetrieb in der Bezirksoberliga sicherte, ereilte ihn angesichts der bedrohlichen Lage des Stadtrivalen MTV eine anders gelagerte Idee. Es gelang ihm, die beiden Seiten von einem Zusammenschluss zu einem reinen Fußballverein zu überzeugen.
"Ich wurde ausgelacht, und das nicht zu leise", zitiert der "kicker" Jackwerths Erinnerungen an die Anfänge. Am 5. Februar 2004 wurde der FC Ingolstadt 04 aus der Taufe gehoben und startete dank der Spielrechte des MTV in der viertklassigen Bayernliga den Spielbetrieb – mit Jürgen Press als erstem Trainer. Bereits zwei Jahre später feierte der neu gegründete Verein den Aufstieg in die Regionalliga Süd, wiederum zwei Jahre später – mittlerweile hieß der Übungsleiter Thorsten Fink – glückte der Aufstieg in die 2. Bundesliga.
Nach 27-jähriger Abstinenz kehrte somit der Zweitliga-Fußball wieder in Ingolstadt ein. Der FCI konterte den darauf folgenden direkten Abstieg mit dem postwendenden Wiederaufstieg und etablierte sich ab 2010 als ständiges Mitglied im deutschen Unterhaus.
Füllen sich künftig die Ränge?
Der Verein aus der jüngsten Großstadt Deutschlands trug seine Heimspiele zunächst im MTV-Stadion aus (Zuschauerschnitt im ersten Jahr: 562), ehe 2008 aufgrund der Untauglichkeit für den Profibetrieb der Umzug ins behelfsmäßig renovierte ESV-Stadion erfolgte. Pünktlich zur Spielzeit 2009/10 wurde der 15.600 Zuschauer fassende Audi-Sportpark fertiggestellt. Kosten: über 20 Millionen Euro.
Obschon sich die Kapazität der Fußball-Arena grundsätzlich in zwei Ausbaustufen auf 22.000 beziehungsweise 30.000 Plätze hochschrauben ließe, sind im Hinblick auf die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme zunächst Zweifel angebracht. Der Zuschauerschnitt in der Spielzeit 2014/15 beläuft sich auf 9.891 – der fünftschlechteste Wert der Liga.
"Es war immer mein Wunsch, dass einer abgewiesen wird, weil er keine Karte mehr bekommt", sagt der jetzige Cheftrainer Ralph Hasenhüttl (47) schlitzohrig gegenüber "kicker". Die dieser Schelmerei zugrunde liegende Hoffnung eines ausverkauften Hauses ging bei der vergangenen Partie gegen Leipzig indes erst zum dritten Mal in der laufenden (Meister-)Saison in Erfüllung.
Die Führungspersönlichkeiten
Neben Vereinsgründer Jackwerth entwickelte sich Coach Hasenhüttl in der jüngeren Vergangenheit zu einer der (sportlich) tragenden Säulen beim FCI. Der Österreicher trat das Traineramt beim damaligen Tabellenschlusslicht am 7. Oktober 2013 an (alle Vorgänger: Jürgen Press, Thorsten Fink, zweimal Michael Wiesinger, Horst Köppel, Benno Möhlmann, Tomas Oral und Marco Kurz) und fährt nun, 57 Punktspiele später, den Spitzenplatz der Liga ein.
Als Co-Trainer steht ihm Michael Henke (58) zur Seite, der in dieser Funktion sogar zwei Champions-League-Titel verbuchen kann: 1997 mit dem BVB und 2001 mit den Bayern, jeweils als Assistent von Erfolgstrainer Ottmar Hitzfeld.
Eine weitere wichtige Personalie ist die des Sportdirektors. Dieses Amt wird seit November 2011 von Ex-Bundesliga-Profi und vielfachen Titelgewinner Thomas Linke (45) ausgeübt. Der Manager steht bei der Aufstellung eines bundesligatauglichen Kaders womöglich vor einer schwierigen Aufgabe, denn der Aufstieg war seinen Angaben zufolge keineswegs geplant.
Jedenfalls werde man jetzt "nichts Verrücktes machen", so Linke in der "BILD"-Zeitung. Etwa in Bezug auf den Spieleretat: Da "werden wir uns im unteren Bereich einordnen", kündigt der Sportchef an, was laut dem Boulevardblatt einer Höhe von 20 Millionen Euro entsprechen dürfte. Der aktuelle Etat von 8,5 Millionen Euro ist im Mittelfeld der 2. Liga anzusiedeln.
Auch vom Sponsor darf man vor diesem Hintergrund nicht viel erwarten. Nicht nur sind die Zahlungen der in Ingolstadt ansässigen Audi AG bis 2018 fixiert, sondern nach Angaben der "BILD" darüber hinausgehende Sonderzugaben ausgeschlossen.Top-Elf der Zweitliga-Saison
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"Es muss unser Ziel sein, irgendwie in der Liga zu bleiben." – Chef Peter Jackwerth hält sich mit überambitionierten Vorgaben zurück
Als ungefährdeter Spitzenreiter mit dem besten Torverhältnis (52:31) und der viertbesten Abwehr (31 Gegentreffer) finden sich in den Reihen der "Schanzer" beinahe naturgemäß auch einige der besten Spieler des Unterhauses wieder. An erster Stelle steht dabei Pascal Groß (23) – wenn man so will, der Kevin de Bruyne der 2. Bundesliga. Der Topscorer dieser Spielzeit (7 Tore – 21 Vorlagen) ist mit einem Notenwert von 2,5 der beste Akteur im gesamten "kicker"-Ranking. Direkt hinter ihm rangiert sein Mannschaftskollege Matip (2,59).
Und auch in der Abteilung Sturm stellen die Oberbayern nach Ansicht des Fachblatts mit dem Australier Mathew Leckie (24, Note 2,95) den besten Spieler. Gleichwohl hat der amtierende Asienmeister nicht die meisten Treffer auf dem Konto. Die vereinsinterne Torschützenliste wird von Stefan Lex (25) und Lukas Hinterseer (24) mit je neun Erfolgserlebnissen angeführt.
Alles in allem hat der FC Ingolstadt nicht den Kader der bekannten Namen, setzte in der Vergangenheit vielmehr auf Spieler mit Entwicklungspotenzial. Der Marktwert der gesamten Spielegruppe liegt derzeit schätzungsweise bei knapp unter 20 Millionen Euro.Bierdusche für Hasenhüttl